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ESF-Projekt 2024-2026: Sprache-Musik und Wahrnehmung

SMuW

Worum geht's?

Eine kurze Einführung

In diesem Projekt wird das Phänomen Sprache – Musik – Wahrnehmung (SMuW) von fünf Forscher:innen aus jeweils verschiedenen Blickwinkeln beforscht: Dabei stehen sowohl das reflektierende Sprechen als auch das Sprechen als performativer Akt im Unterrichtsgespräch und in Lehrwerken im Mittelpunkt. Ebenfalls von Interesse sind sprachliche Prozesse im Rahmen der Leistungsermittlung und -bewertung. Mit diesem Projekt wird die praxisorientierte und interdisziplinäre Forschung gestärkt: Alle Forschungsprojekte sind empirisch angelegt. Die einzelnen Forschungsvorhaben spiegeln wesentliche Impulse aus der Innovationsstrategie des Freistaates Sachsen (Fortschreibung) wider. Dazu zählen das breitere Innovationsverständnis, das Potential aus Prozessen der Digitalisierung, die Synergie aus verschiedenen Basiskompetenzen sowie die stetige Verbesserung der Lehrqualität an Hochschulen und allgemeinbildenden Schulen

Für eine inhaltliche und begriffliche Durchdringung von Musizierpraxis ist es notwendig, auf geeignete Kommunikationsformen zuzugreifen.
Dies stellt im Fach Musik eine Besonderheit dar: Beim Sprechen über Musik wird häufig sprachliche Bilder (Metaphern) oder Bezüge auf andere Sinnesbereiche zurückgegriffen.
Es wird ein Vokabular erforderlich, für den es keinen genuin fachsprachlich musikalischen Wortschatz gibt. Diese Nutzung von Sprache in musikpädagogische Kontexten, einhergehend mit dem Übergang von Alltagssprache in eine musikbezogene Fachsprache, wird im Projekt aus verschiedenen Perspektiven beforscht.
Die empirisch angelegten Projekte untersuchen das subjektive Empfinden von Schülerinnen/Schülern beim Musizieren, deren Fremd-Beobachtung durch Lehrende im Prozess der Leistungsermittlung und -bewertung, die Kommunikation über Musik aus praxis- und performativitätstheoretischer Perspektive sowie die konkreten verbalen Möglichkeiten von jüngeren und älteren Schülerinnen/ Schülern in diesem Kontext. Darüber hinaus wird untersucht, auf welche Weise die u.a. sprachliche Verfasstheit von Lehr-Lern-Materialien einen Einfluss auf die Inszenierung von Musikpraxen in der Schule haben.


Wer ist dabei?

Das Team

...und unser neues Logo

(by Gundel Leuz von bunt & bündig)


News

Auf der AMPF-Tagung in Berlin im September 2024

Das Projekt-Team um Prof. Dr. Christin Werner und Dr. Daniel Prantl traf sich nach längerer Online-Arbeitsphase gemeinsam in Berlin im Rahmen der Jahrestagung des „Arbeitskreises Musikpädagogische Forschung“ (AMPF). Dieser fand vom 20. – 22. September in der Universität der Künste Berlin statt. Die fünf Nachwuchswissenschaflter:innen Anselm Vollprecht, Elke Kottmair, Leontine Bayer, Luise Ebert und Friederike Horn nahmen bereits im Vorfeld der AMPF-Tagung am sogenannten Promovierendennetzwerk teil, welches ebenfalls in der UdK Berlin ausgerichtet worden ist. Mit ihrem Vortrag zum Thema „Musikbezogene Gefühle beim Sprechen über Musik“ stellte Leontine Bayer den anwesenden Promovierenden sowie Mentor:innen ihr Promotionsvorhaben vor und eröffnete im Anschluss eine spannende Diskussion. Anselm Vollprecht gestaltete einen viel beachteten Workshop zu seinem Forschungsvorhaben „Didaktische Transposition von Musikpraxen“.

Nach offizieller Eröffnung der AMPF-Tagung, die in diesem Jahr das Thema der Demokratiebildung in ihr Zentrum rückte, hatte das SMuW-Team eine große Auswahl an diversen Vorträgen,  Workshops, Foren und Postersessions, die allen Beteiligten fachlich relevante Ein- und Ausblicke gaben. Schließlich bereicherte Prof. Christin Werner am letzten Tagungstag mit ihrem Vortrag zu ihrer quantitativen Forschung „Vertrautheit von Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 4 mit den Instrumenten des Orchesters“ das Programm. Die positiven Rückmeldungen im Anschluss ihres Vortrags zeigten deutlich, welche Relevanz mit dem Themenschwerpunkt „Musik – Sprache – Wahrnehmung“ (SMuW) einhergeht.

 

Impressionen vom AMPF

Interpretationswerkstatt von Anselm Vollprecht
Prof. Christin Werner und ihr eindrucksvoller Vortrag

Save the date:

Bald finden sich hier Infos zu unserer SMuW-Tagung am 25. und 26.04.2025 in Dresden!


Was ist der Hintergrund?

Die Projektleiter Prof. Dr. Christin Werner und Dr. Daniel Prantl:

„Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen bedeutet vor allem Musizierpraxis und deren Bewertung. Was häufig zu kurz kommt, ist das Sprechen über Musik. Mit dem Forschungsprojekt ‚Sprache – Musik – Wahrnehmung‘ – kurz SMuW – wollen wir daran mitwirken, dass das Musikmachen zukünftig gleichermaßen im Fokus des Musikunterrichts steht, wie das Kommunizieren darüber“, so Professorin Dr. Christin Werner, Studiendekanin Lehramt Musik an der Dresdner Musikhochschule, über die gewonnene Ausschreibung für eine Nachwuchsforschungsgruppe bei der Europäischen Union und dem Freistaat Sachsen. Im Rahmen der Projektlaufzeit vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2026 wird sie zusammen mit dem Vertretungsprofessor Dr. Daniel Prantl und fünf Nachwuchsforschenden an der Analyse und Weiterentwicklung sprachlicher Praktiken im Unterrichtsfach Musik arbeiten. „Häufig wird beim Sprechen über Musik und Musizieren weniger auf Fachbegriffe, sondern vielmehr auf sprachliche Bilder oder Bezüge auf andere Sinnesbereiche zurückgegriffen, die bei jedem unterschiedlich sind. Das ist hochspannend und das wollen wir aus verschiedenen Perspektiven erforschen“, so Werner.

„Wir wollen bestehende Modelle zum Sprechen über Musik im Musikunterricht erweitern und darauf aufbauend konkrete Konzeptionen für die Unterrichtspraxis im Fach Musik vorlegen. Damit hat das Projekt das Potential, die Bedeutung des Standorts Dresden in Bezug auf schulbezogene musikpädagogische Forschung nachhaltig zu stärken“, so Prantl. Bei der Forschungsarbeit werden u.a. Gespräche im Musikunterricht beobachtet und analysiert, LehrLernmaterialien untersucht und Interviews mit Lehrenden im Fach Musik über Bewertung und Bewertungssituationen durchgeführt. „Die Forschungsprojekte schließen unmittelbar an den aktuellen Diskurs musikpädagogischer Forschung an“, so Prantl.


Was tun wir?

Leontine Bayer

Musikbezogene Gefühle in sprachlichen Äußerungen von Schüler*innen der Sekundarstufe I und II.

Über musikalische Eindrücke zu sprechen und z. B. Musik zu beurteilen oder ihre Wirkung zu beschreiben ist eine häufig geforderte Kompetenz im Fach Musik (vgl. Staatsministerium für Kultus des Freistaates Sachsen 2004/2019, S. 35). Es besteht daher Grund zur Annahme, dass musikbezogene Gefühle beim Sprechen über Musik eine Rolle spielen, denn „das, was wir fühlend erfassen, wenn wir Musik ästhetisch wahrnehmen, bietet gute Gründe, sie in dieser oder jener Weise zu beurteilen.“ (Rolle 2016, S. 15) Im Rahmen ihres Promotionsvorhabens erforscht Leontine Bayer daher musikbezogene Gefühle in sprachlichen Äußerungen von Schüler*innen der Sekundarstufe I und II. Der theoretische Zugriff ihrer Arbeit erfolgt über verschiedene Gefühlstheorien der Philosophie (u. a. Döring 2009; Fuchs 2019; Schmitz 2019) und Theorien musikalischen Ausdrucks (u. a. Fuhrmann 2021; Zwinggi 2021).

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In einem empirischen Setting sollen Gruppendiskussionen mit Schüler*innen durchgeführt werden, in denen ein Gespräch über Musik initiiert wird. Bisher liegen wenig Arbeiten vor, die sich dem Thema empirisch nähern und dabei das Sprechen über Musik in den Blick nehmen. Es wird eine Kategorisierung der sprachlichen Äußerungen im Sinne der Qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz und Rädiker 2022) angestrebt. Aus den empirischen Beobachtungen sollen didaktische Implikationen abgeleitet und das Potenzial des Sprechens über musikbezogene Gefühle im Musikunterricht herausgearbeitet werden.

Leontine Bayer wurde 1997 in Hamburg geboren und studierte die Fächer Musik und Deutsch für das Lehramt an Gymnasien an der HMT und Universität Leipzig (1. Staatsexamen). Neben ihrer Tätigkeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HfM Dresden im Forschungsprojekt „Sprache – Musik – Wahrnehmung“ leitet sie einen Schulchor an einem Leipziger Gymnasium.

 

Foto: Stefanie Pilz

Luise Ebert

Leistungsbewertung im Musikunterricht – Eine Glaubensfrage?: Eine qualitative Interviewstudie mit Musiklehrenden der Sekundarstufe I und II

Luise Ebertuntersucht in ihrer Interviewstudie die Perspektiven von Musiklehrpersonen auf die Gestaltung von Bewertungsprozessen. Was bewerten Musiklehrpersonen wie und warum?
Die Arbeit schließt damit nicht nur an allgemeinpädagogische Veröffentlichungen an, in denen Nützlichkeit, Funktion und Umsetzung von Zensurengebung diskutiert werden (u. a. Brügelmann 2006; Ingenkamp 1977; Ingenkamp und Lissmann 2008; Valtin et al. 2002; Winter 2012, 2015). Auch musikpädagogische Veröffentlichung, die die Umsetzbarkeit und den Wert der Zensierung vor dem Hintergrund der Subjektivität ästhetischer Wahrnehmungen kritisch reflektieren, finden maßgeblichen Einfluss in die Forschung (u. a. Schäfer-Lembeck 2008; Schwarzbauer und Steinhauser 2020).

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Im vorliegenden Dissertationsvorhaben werden die Erzählungen der Musiklehrpersonen zu ihrem Umgang mit Bewertungsprozessen im Unterricht in den Mittelpunkt gestellt. Ziel ist die Formulierung einer Theorie zum Umgang mit Bewertungssituationen im Musikunterricht auf Grundlage des von den Lehrpersonen beschriebenen „Ist“-Zustands.
Dafür wurden bereits sechs Leitfadeninterviews mit Lehrpersonen an Oberschulen und Gymnasien, sowie einer Gesamtschule geführt.

Vita: Luise Ebert

 

Foto: Stefanie Pilz

Anselm Vollprecht

Didaktische Transposition von Musikpraxen - Eine praxistheoretische Schulbuchanalyse 

In seinem Forschungsprojekt stellt Anselm Vollprecht die Thematik der didaktischen Transposition von Musikpraxen in den Mittelpunkt. Das Interesse liegt auf der Fragestellung, auf welche Weise Schulbücher musikkulturelle Praxen für den Musikunterricht aufbereiten. Die Arbeit setzt die praxistheoretische Beleuchtung des Musikunterrichts (Blanchard 2019, Campos 2019, Hepp 2021, Rizzi 2023) in einer Schulbuchanalyse fort. Schulbücher sind als "zeitgenössische schriftliche Praktikenbeschreibungen" (Reckwitz 2016, S. 57) und aufgrund ihrer Position im Spannungsfeld zwischen „unterrichtlichem Brauchtum“ (Reh und Pieper 2018, S. 30) und musikdidaktischen Idealvorstellungen als Forschungsgegenstände interessant. Die Analyse lässt sowohl Rückschlüsse auf Normen des Musikunterrichts als auch auf „heimliche Didaktiken“ (Jünger 2016) erwarten.
 

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Publikationsliste: https://www.researchgate.net/profile/Anselm-Vollprecht

Anselm Vollprecht wurde 1992 in Hannover geboren und ist wissenschaftlicher Musikpädagoge sowie Gymnasiallehrer für die Fächer Musik und Biologie (1. Staatsexamen). Von Juni 2022 bis Januar 2024 koordinierte er als wissenschaftlicher Mitarbeiter das Drittmittelprojekt „Online_Musizieren_Unterrichten im digitalen Hochschulraum" (OnMUdiH) an der Hochschule für Musik Dresden. Für das dazugehörige Seminar „Utopien des Online-Musizierens entwickeln und erproben“ wurde er mit dem 2. Platz beim „Preis für hervorragende digitale Lehre in der sächsischen Lehrer:innenbildung“ ausgezeichnet. Vorher arbeitete er seit 2021 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Musikpädagogik der HMT Leipzig, an der er bei Prof. Dr. Christopher Wallbaum promoviert. In Leipzig lehrte Anselm Vollprecht in den Fächern „Einführung in die Musikpädagogik/-didaktik“ und „Schulspezifisches Musizieren“ (Ermöglichung ästhetischer Praxis am Beispiel von Bandpraxis).

Foto: © Joschua Vlasanek

Elke Kottmair

Verbaler Ausdruck von Klangempfinden im Schulunterricht

Musik ist eine universelle Sprache, die Emotionen und Wahrnehmungen weckt. Die Fähigkeit, musikalische Erfahrungen verbal auszudrücken, stellt eine besondere Herausforderung dar, insbesondere für Schüler*innen der Grundschule und der Sekundarstufe I.
In ihrem Forschungsprojekt untersucht Elke Kottmair, wie sehr das Sprechen über persönliche Klangwahrnehmungen im musikalischen Kontext eine Erweiterung des Wortschatzes und der Sprachverwendung erfordert. Zudem wird analysiert, wie diese sprachliche Entwicklung auch sprachförderliche Aspekte beinhalten kann.

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Ebenfalls soll der verbale Ausdruck von Klangempfindungen bei Schüler*innen hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen der sprachlichen Beschreibung von Klangerlebnissen und der Entwicklung auditiver Wahrnehmungsfähigkeiten betrachtet werden.

Im Rahmen einer Design-Based-Research-Forschungsmethodologie (DBR) nähert sich Elke Kottmair der Problematik einer Sprachbildung in zunehmend heterogenen und multilingualen Klassen und erörtert Möglichkeiten, durch die “interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Sprach- und Schreibdidaktik, Zweitspracherwerbsforschung und Musikpädagogik” (Meyer 2023), eine Didaktik des Musikbeschreibens zu entwickeln, die auch die Rolle der Lehrkräfte auf dem Weg zu sprachsensiblem Musikunterricht (vgl. Bossen, 2019; Roth & Duarte 2015) in den Fokus rückt. 

 

Foto: Christin Schoen

Friederike Horn

Affektive Dimensionen des Musikunterrichts

Im Rahmen ihres Promotionsvorhabens erforscht Friederike Horn Musikunterricht hinsichtlich seiner affektiven Dimensionen, wobei sie vor allem schamrelevante Aspekte fokussiert. In diversen Disziplinen finden sich eine Vielzahl an Veröffentlichungen, die Scham in unterschiedlichen Kontexten fokussieren. So erfährt Scham unter anderem innerhalb moralphilosophischer (Lotter 2012), anthropologischer (Lietzmann 2003), soziologischer (Neckel 1991) und psychoanalytischer (Widmer 2009; Lewis 1971) Diskurse Beachtung. Aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive wird der Auseinandersetzung mit Scham hingegen eine „Rarität“ (Stöhr und Schulze 2023, S. 87) attestiert. Nur wenige Studien in Deutschland befassen sich mit konkreten Schamsituationen für spezifische Unterrichtsfächer (vgl. Stöhr und Schulze, 2004). Eine Untersuchung schamrelevanter Aspekte im Kontext des Musikunterrichts steht bislang noch aus.

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Friederike Horn wurde 1990 in Rostock geboren und studierte Doppelfach Schulmusik mit Hauptfach Jazz-Saxophon an der Musikhochschule Lübeck sowie an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig. Während ihres Studiums leitete sie diverse Schüler*innen-Bigbands sowie Schulchöre und war unter anderem als musikalische Assistentin des Thomasschulorchesters (Leipzig) sowie des Musikfachbereichs der St Mary Redcliffe and Temple School (Bristol) tätig. Friederike Horn absolvierte ihr Referendariat am Clara-Wieck-Gymnasium Zwickau mit vertieft musischem Profil und arbeitete dann an Gymnasien in Schleswig-Holstein sowie Mecklenburg-Vorpommern. Als Mentorin für das Fach Musik begleitete sie ab 2022 Schulmusikstudierende der Hochschule für Musik und Theater Rostock im Rahmen ihres Langzeitpraktikums.

Seit August 2024 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Musikhochschule Dresden im ESF-geförderten Projekt „Sprache – Musik – Wahrnehmung“ tätig. 

Foto: Stefanie Pilz