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12.11.23 Sonntag 10:00
Hochschule für Musik Dresden, Raum W 3.08, Wettiner Platz 13, 01067 Dresden

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Eintritt
Eintritt frei

10:00

Christoph Rauen: Paratexte machen Epoche: Ludwig Tiecks »Schöne Magelone» als Teil der »Volksmährchen« und Auftakt zur Romantik

 

11:00

Birger Petersen: Der dramatische Ton – Brahms‘ Klaviersatz als Orchestersurrogat

 

12:00

Abschlussgespräch

Änderungen vorbehalten.

 

Konzeption und Leitung: Prof. Dr. Dr. h.c. Walter Schmidt, Prof. Dr. Michael Heinemann

 

Es ist eine alte Geschichte: Der provenzalische Graf Peter wirbt um die neapolitanische Königstochter Magelone, die jedoch bereits einem anderen versprochen ist. Gemeinsam fliehen sie, doch gerät Peter schiffbrüchig in Gefangenschaft eines Sultans, wo er als Gärtner reüssiert und die Aufmerksamkeit von dessen Tochter Sulima gewinnt. Ein heimliches Treffen mit ihr nutzt er zur Flucht – und durch glücklichen Zufall findet er zurück zu Magelone: Einer gemeinsamen Zukunft steht nichts mehr entgegen.

Der traditionsreiche, wiewohl ein wenig dürre Stoff um eine Brautwerbung, die trotz väterlicher Widerstände des Vaters und nach einigen abenteuerlichen Episode letztlich erfolgreich ist, fand im 19. Jahrhundert die Aufmerksamkeit Ludwig Tiecks, wohl im Zusammenhang mit seiner Begeisterung für mittelalterliche Sujets, märchenhaftes Kolorit, zauberhafte Wendungen und farbenreiche Ritterromantik. Nachhaltigere Bedeutung gewann die Geschichte von der schönen Magelone aber durch eine musikalische Fassung von Johannes Brahms, der die Erzählung mit 15 Romanzen für Singstimme und Klavier verband.

Dieser Zugriff resultiert nicht nur aus vielfältig historischem Interesse eines belesenen Komponisten, sondern weist in der musikalischen Gestalt, die Brahms der Szenenfolge verlieh, Züge einer Distanznahme auf: eine für ihn typische Ambivalenz von Affiziertheit und Kritik, die sich mit einer letztlich biographisch motivierten Ironie gegenüber allen Formen von Partnerschaft erklären lässt.

Diesen Spuren soll in einer Arbeitstagung, die eine Aufführung des Zyklus in einem Konzert der Reihe „Lied in Dresden“ flankiert, nachgegangen werden. Dass Brahms sich dem Stoff zuwandte, kann als einer seiner zahlreichen Versuche verstanden werden, unrealisierte Beziehungen zu Frauen künstlerisch zu kompensieren; sowohl die Alt-Rhapsodie wie noch die Vier ernsten Gesänge verweisen auf eine Idealisierung von Liebe als Resultat misslungener Partnerschaftsmodelle hin, und die Tonfälle, die sich zumal in seinen Romanzen der Schönen Magelone finden, spiegeln mit antiquarischen, monumentalischen und kritischen Gestaltungsweisen Philosopheme Nietzsches. Zugleich ist die Wahl des Stoffes auch im unmittelbaren Kontext kompositorischer Zugriffe von Richard Wagner und Franz Liszt zu sehen: Tristan und Isolde sowie die Legende von der heiligen Elisabeth zeigen alternative Entwürfe, die ebenfalls auf historische Sujets rekurrieren, jedoch andere Lösungen favorisieren.

 

 

 

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